Wege der Ganzwerdung

Distel – Wellmann: Das Herz des Reiki

Goldmann Verlag, München 1995, 188 Seiten, 8 Euro
erschienen im Reiki-Magazin Nr. 1/2001

distel1 Die Rückseite dieses Buches verspricht, daß erstmals alle Reiki-Grade umfassend in einem Buch einfach klar und ohne unnötige Mystifizierung dargestellt werden. Nach der einleitenden mystischen Beschreibung des Meistersymbols wird im Vorwort die Veröffentlichung dieses Symbols und seines Mantras begründet: "Die Veränderungen im Morphischen, im Kollektivbewußtsein verlangen, das Meistersymbol des Reiki jetzt aus dem Bereich des Geheimnisvollen und Verborgenen an das Licht des Tages zu heben, um noch viel mehr Menschen spüren zu lassen, was Universelle Lebensenergie ist." Ich möchte hinzufügen: oder um Aufmerksamkeit zu erregen? Denn diese und andere Begründungen der Autoren vermögen mich nicht zu überzeugen.

Mich erreicht allerdings die Tiefe von Aussagen über Reiki wie der folgenden: "Jeder Mensch erhält die Möglichkeit, Zugang zu etwas Universalem in seinem Inneren zu finden. Das ist der Beweggrund jeder Reiki-Praxis." Dabei versuchen die Autoren überzogene Erwartungen zu dämpfen: "Die Reiki-Einweihung macht also einen Menschen nicht notwendigerweise zu einem großen Heiler, zu einem erfolgreichen Geschäftsmann oder zu einem lichtvollen Wesen, wenn das nichts sowieso ein Schritt auf seinem spirituellen Weg ist. Reiki läßt einfach nur das Beste zum Vorschein kommen, vergrößert vorhandene Fähigkeiten und zeigt die Teile des Lebens auf, die noch nicht integriert sind."

Nachdem die Frage: "Für wen ist Reiki sinnvoll?" mit Ausführungen über Yin und Yang und unsere Gesellschaft kenntnisreich beantwortet wurde, teilen die Autoren zum Thema "Einweihung" mit, daß nur eine Reiki-Lehrerin oder ein Reiki-Lehrer eine Verbindung zur Quelle des Reiki herstellen kann. Direkt im Anschluß wird diese Aussage wieder relativiert. Hier zeigt sich – wie auch im folgenden – eine weitgehende Toleranz und Offenhei, die manche LeserInnen vielleicht als schwammig empfinden könnten.

Bei den "Allgemeinen Auswirkungen der Reiki-Behandlung" wird der Bogen gespannt von Einzelwirkungen bis hin zu "Wir kommen näher zu Gott". Nach fundierten Ausführungen über die Heilung von Krankheiten wird im Kapitel "Reiki und Religion" betont, daß man an Reiki nicht glauben muß, damit es wirkt, da diese Kraft direkt erfahrbar ist.

Dann geht es um "die Vermittlung des Reiki-Wissens im Wandel der Zeit". Hier wird über den Weg von der Geheimwissenschaft zur Massenbewegung berichtet und die Reiki-Geschichte erzählt. Das Großmeistertum, traditionelle Reiki-Vereinigungen und die Entstehung freier Lehrer werden mit Schaubild informativ vorgestellt. Die Autoren kommen zu dem Schluß: "Reiki ist Leben, Liebe, Kraft. Deshalb sind Entstehungsgeschichten, Hierarchien, Linien, Organisationen, Titel und Schulen letztlich unwichtig, denn es geht um den Geist dieser Universellen Lebensenergie – hier und jetzt für uns alle."

Es folgen Informationen über Reiki-Seminare und Reiki-LehrerInnen. Hier wird empfohlen, LehrerInnen nur in begründeten Fällen wechseln: "Persönliche Verbindungen auf der Basis einer energetischen Arbeit tragen die große Gelegenheit zu persönlichem Wachstum in sich. Ein spirituelles Konsumverhalten würde dieses Wachstum mit Sicherheit bremsen oder von vorneherein beschneiden." Ausführungen über das Thema "Reiki und Geld" bilden eine sehr gute Basis für die Diskussion um die Höhe der Seminargebühren: "Das Entgelt das ein Reiki-Lehrer oder eine Reiki-Lehrerin verlangt, ist so betrachtet auch ein Ausdruck der eigenen Wertschätzung." Dabei wird die Preisfreiheit als Gelegenheit zu persönlichem Wachstum dargestellt.

Der folgenden Überblick über das Reiki-System beinhaltet eine Erklärung der Reiki-Grade. Die Reiki-Lebensweisheiten erhalten den ihnen zustehenden Raum und werden von Arjava Kobajashi Sensei näher erläutert.

Nun wird der 1. Reiki-Grad vorgestellt. Daß dessen vier Einweihungen auch schnell hintereinander möglich sein sollen, ist erst einmal harter Tobak für mich. Ansonsten finden die Autoren wieder wundervolle Worte: "Die Ausübung der Grundpositionen und die Beschäftigung mit den Lebensregeln können die Schüler und Schülerinnen des 1. Grades insbesondere erfahren lassen, daß es wichtig und darüber hinaus sehr schön ist, sich regelmäßig und liebevoll Zeit für die eigene Entwicklung zu gönnen."

Die Wichtigkeit der Grundpositionen wird mir ein wenig zu lax dargestellt, während die Bedeutung der Gesamtheit nicht zu kurz kommt. Vorgestellt werden zwölf Grundpositionen, die bei Selbst- und Ganzbehandlung identisch sind, mit Lage und Wirkung sowie sechs Zusatzpositionen und Anwendungsbeispiele bei Gesundheitsstörungen.

Viel Raum erhält eine Einführung in Chakrenarbeit mit Reiki. Hier wird empfohlen, eher zuzulassen als aktiv zu sein. Auch die Bedeutung von Ritualen als heilende Form wird gewürdigt und Empfehlungen für Reiki-Sitzungen gegeben. Sehr schön ist das Kapitel über die Geschenke des ersten Reiki-Grades. Hier wollen die Autoren "über einfache Empfehlungen zur Anwendung der Reiki-Techniken hinausgehen und eine Vorstellung von der tiefen Dimension geben, die wir mit Reiki verbinden." Dies geschieht anhand von Themen wie Spiritualität, Selbst- und Nächstenliebe, Wahrnehmung und Alltag. Dabei finden die Autoren immer wieder äußerst treffende Beschreibungen, die zeigen, daß sie genau wissen, um was es geht.

Dann folgt die Vorstellung des zweiten Reiki-Grades. Anhand eines Zitates von Lama Govinda wird die Bedeutung von Symbolen und Mantras erklärt. Da die Symbole des zweiten Grades nur im Geist des Reiki genutzt werden sollen, werden sie nicht von den Autoren veröffentlicht. Warum das Meistersymbol davon ausgenommen wird, bleibt trotz Erklärungen für mich nicht nachvollziehbar.

"Wahrheit ist das, was funktioniert." Mit dieser Aussage Buddhas und Erläuterungen von Phyllis Furumoto wird erklärt, warum sich Schreibweisen der Symbole verändern und dennoch funktionieren können. Im Anschluß werden die drei Symbole in ihrer Bedeutung und mit kurzen Anwendungsbeispielen vorgestellt. Die detaillierte Erklärung von Anwendungstechniken wie Ganzbehandlung, Chakra-Ausgleich, Mentalbehandlung, Deprogrammierung und Methoden der Fernbehandlung weist einmal mehr auf großes therapeutisches Wissen der Autoren hin.

Schließlich werden die Geschenke des zweiten Grades aufgezeigt. Zum Thema "Vergangenheit loslassen und die Zukunft gestalten" sagen die Autoren: "Wir alle gelangen nur dann in unseren eigenen Himmel, wenn wir zuvor unsere eigene Hölle durchquert haben." Dann geht es um die Möglichkeit, über die Entdeckung des inneren Kindes, des wilden Mannes bzw. der wilden Frau bis hin zur Integration gegengeschlechtlicher Anteile zu gelangen.

Beim Thema "Beziehung, Partnerschaft, Ehe" werden Muster und Wachstumschancen in Beziehungen erklärt: "Die Universelle Lebensenergie wird uns darüber hinaus, wenn wir ihre Möglichkeiten vertrauensvoll nutzen, ganz von selbst zu den Hinweisen, Impulsen, Menschen und Situationen führen, die unsere Partnerschaft zu mehr Tiefe und Erfüllung leiten werden."

Nun wird der "innere Meister" vorgestellt. Die Autoren begrüßen die Aufgliederung des 3. Grades in Meister und Lehrergrad, damit "Reiki als Ganzes auch für die Menschen erlebbar wird, die sich nicht zum Reiki-Lehrer berufen fühlen." Neben grundsätzlichen Aspekten diesen Grades wird eine vertiefte Abhandlung über Verstehen, Bewußtwerden, die Zusammenhänge von innerem Sein und äußerem Geschehen sowie über innere Führung gegeben.

Im letzten Kapitel dieses Buches über den Lehrer-Grad werden Freiheit und persönliche Verantwortung im Lehren ebenso betont wie die Tatsache, daß es verschiedene Wege gibt, diesen Grad zu leben. Den Vorteilen der ursprünglichen Lehrer-Ausbildung wie beispielsweise der Möglichkeit, Qualitäten wie Demut und Vertrauen zu lernen, werden Gründe für schnelle Ausbildung ohne großen persönlichen finanziellen Einsatz entgegengestellt.

Neben der relativen Bedeutung von Erfolg heißt es abschließend im Abschnitt über die Geschenke des Lehrer-Grades: "Die Reiki-Kraft weitergeben zu dürfen, das ist pure Freude, und Lebensfreude läßt die Selbstliebe weiter in uns wachsen. Wer sich selbst liebt, zu dem kommt das Leben ganz von allein mit all seiner Fülle."

 

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Frank Doerr

Veröffentlicht von

Intensive Reiki-Praxis seit 1993 und beständige Fortbildung. 1998 Reiki-Meister der 6. Generation in der Linie Usui – Hayashi – Takata – Furumoto – Kindler. Von 1994 bis 2009 Mitarbeiter beim Reiki-Festival. 1996 im Gründungsteam des Reiki Magazins, seitdem Redaktionsmitglied bzw. freier Mitarbeiter. Seit 1999 Chefredakteur von Reikiland.de. Veranstalter der ReikiCon (seit 2010) sowie Gründungsmitglied von ProReiki. Publikationen: Die Reiki-Lebensregeln (Windpferd 2005), Das Reiki-Meister-Buch (Windpferd 2007). CD mit Merlin's Magic: Reiki-Elixier inkl. Booklet (Windpferd 2007).

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