Wege der Ganzwerdung

Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki: Reikiforschung

Reiki Wissenschaft

Diplomarbeit von Moritz Harder “Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki”, vorgelegt am 12.09.2003 im Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg. Teil 3: Reiki-Forschungen (Reiki I-Studien und Reiki II-Studien sowie Reviews), Theoretische Modelle und Zusammenfassung.

3.4.1 Reikiforschung – Literaturrecherche

Allgemeine Recherchen: Im Vorfeld der Untersuchungen stellte die FGR dem Verfasser ihre Erfahrungsberichte über Fernreiki zur Verfügung. In 18 Protokollen sind dort insgesamt etwa 600 Fernreikisendungen erwähnt (grob geschätzt, die genauen Anzahlen waren meist nicht dokumentiert). Es handelt sich um eine rein anekdotische Fallsammlung ohne Kontrollen, weshalb sich aus den Ergebnissen leider keine Rückschlüsse ziehen lassen.

Auch die Quellensuche in der Populärliteratur erwies sich als unergiebig: von sechs relativ bekannten Büchern über Reiki wies keines ein Literaturverzeichnis auf; zwei hatten eine Bibliographie, wissenschaftliche Studien ließen sich darin jedoch nicht finden.

Die unsystematische Suche im Internet erbrachte eine unendliche Vielzahl von Treffern und Links – am 26.7.2003 ergaben sich bei Google (einfache “Google Suche” in “Das Web”) zum Stichwort Reiki über 1,5 Millionen Treffer und zu Fernreiki 1.110 Treffer – bei der näheren Sichtung stellte sich jedoch bald heraus, dass auch in engeren Auswahlen kaum verwertbare Informationen, geschweige denn vollständig zitierte Studien zu finden waren.

Systematische Literaturrecherche: Erst bei der Recherche in den Datenbanken Medline, PSYNDEX, PsycINFO und Current Contents Connect (CCC) zum Suchbegriff Reiki, zuletzt am 26.7.2003 (immer alle Datensätze und breiteste Suchkategorien), ließen sich aus 72 Treffern (Medline 42, Psyndex acht, PsycINFO sechs und CCC 16 Treffer) drei Reiki I-Studien, eine Reiki II-Studie sowie zwei Reviews extrahieren. Zu den Suchbegriffen Fernreiki, Remote Reiki und Distant Reiki ergaben sich keinerlei Treffer.

In den Anhängen der angeforderten Artikel fanden sich weitere drei Reiki I-Studien, vier Reiki II-Studien und drei Reviews. Insgesamt ließen sich damit sechs Reiki I-Studien, fünf Reiki II-Studien und fünf Reviews ausfindig machen. Hierzu ist anzumerken, dass nicht jede in den Datenbanken oder anderenorts erwähnte Quelle genauer evaluiert werden konnte, so dass nicht auszuschließen ist, dass Studien übersehen wurden.

Studienselektion: Die bei der Literaturrecherche ausfindig gemachten Quellen wurden über Abstracts, Rezensionen oder anhand des Artikels selbst daraufhin untersucht, ob es sich um publizierte experimentelle Untersuchungen mit Signifikanzberechnungen zur Überprüfung der Wirksamkeit von Reiki handelt. Dadurch fiel eine ganze Reihe auf den ersten Blick hoffnungsvoll erscheinender Quellen unter den Tisch. So behandelt z. B. der Review von Wirth, Richardson und Eidelman (1996) lediglich eine einzige „Reiki-Studie” (Wirth & Barrett, 1994), in welcher Reiki wiederum nur verwendet wurde, um die Behandler (nicht die VPn) energetisch aufzubauen. Bei einer Publikation von Mansour, Beuche, Laing, Leis und Nurse (1999) wurde hingegen in mehreren Feedbackmodifizierten Durchgängen überprüft, ob es möglich sei, Reiki in der Direktbehandlung zu imitieren, um bei einer in Planung befindlichen Studie mit Placebo-Kontrollen arbeiten zu können. Bei anderen Quellen handelt es sich um Einzelfallberichte (z. B. Schmehr, 2003), die Beschreibung von Krankenhausprogrammen (z. B. Alandydy & Alandydy, 1999) oder Hinweise auf unveröffentlichte Arbeiten. Studien die die oben genannten Bedingungen erfüllten (abgesehen von Olson und Hansen, 1997, konnte dies durchgehend anhand der Publikation selber überprüft werden), wurden in Tabelle 2 auf S. 52 aufgenommen.

Qualitäts- und Ergebnisrating: Als nächstes wurde eine ungefähre Einschätzung der Studienqualität vorgenommen. Bei den Reviews war das Kriterium der Beurteilung nicht deren Qualität, sondern das Ausmaß, in dem Reikistudien enthalten waren, also die inhaltliche Relevanz in Hinblick auf die vorliegende Übersicht. Ebenso wurde eine Einschätzung der Ergebnisse von Studien und Reviews vorgenommen. Allen drei Einschätzungskategorien liegt die gleiche, vom Verfasser entworfene und ausschließlich für den Vergleich von Publikationen innerhalb der vorliegenden Arbeit gedachte, ordinale Skala zu Grunde: Die Einheit sind ganzzahlige Punktwerte, der Wertebereich reicht von -2 bis +2, und der Ursprung der Skalen liegt bei -2. In Tabelle 2 wurden die Skalenwerte der Anschaulichkeit halber in Form von Plus- und Minuszeichen dargestellt (-1 als -, +2 als + +, usw.). Die Einschätzungen wurden nach folgenden Operationalisierungskriterien vorgenommen:

  • Ergebnisrating: Negativ signifikante Ergebnisse: -2. Nicht signifikante Ergebnisse: -1. Unklare, bzw. widersprüchliche Ergebnisse: 0. Signifikante Ergebnisse: +1. Hochsignifikante Ergebnisse, bzw. mindestens 50 % signifikante Parameter: +2.
  • Qualitätsrating: Für Kontrolle, Randomisierung, Verblindung und Doppelverblindung wird jeweils ein Punkt vergeben. Diese werden vom Ursprung der Skala (-2) abgetragen. Es können damit Punktwerte zwischen -2 und +2 erzielt werden. Bei schwerwiegenden inhaltlichen Mängeln des Versuchdesigns können außerdem bis zu 4 Punkten abgezogen werden; der untere Skalenwert von -2 stellt hierbei jedoch eine absolute Grenze dar.
  • Relevanzrating: Der Punktwert der Skala setzt sich aus der Summe dreier Kriterien zusammen. Für die absolute Anzahl der in einem Review enthaltenen Reikistudien werden für eine Reikistudie 0 Punkte vergeben, für zwei und drei Studien 1 Punkt und für mehr als drei Studien 2 Punkte. Für den Anteil der in einem Review enthaltenen Reikistudien werden für 0-20 % 0 Punkte, für 21-50 % 1 Punkt und für mehr als 50 % Reikistudien 2 Punkte vergeben. Einen weiteren Punkt gab es für die Berechnung metaanalytischer Kennwerte – der Skalenwert von +2 konnte jedoch auch hier nicht überschritten werden.

Für Schlussfolgerungen bezüglich des aktuellen Forschungsstandes sollen nur Studien herangezogen werden, die zumindest ein Qualitäts- bzw. Relevanzrating von +1 erreichen. Dies bedeutet, dass sämtliche Reikistudien, die nicht kontrolliert, randomisiert und verblindet sind, von der näheren Interpretation auszuschließen sind. Im Folgenden werden die in Tabelle 2 aufgeführten Reikistudien kurz vorgestellt.

3.4.2 Reikiforschung – Reiki I-Studien

Wetzel (1989): Untersucht wurde der Einfluss von Reiki I-Einweihungen und -training auf den Hämoglobin- und Hämatokritspiegel der Teilnehmer eines Reiki I-Kurses. Die Teilnehmer (n = 48) zeigten nach dem Training (24 h nach der ersten Messung) hochsignifikante Messwerterhöhungen in beiden Parametern (Ergebnisrating: +2), während eine Kontrollgruppe (n = 10), die nicht an dem Training teilnahm und auch keiner sonstigen Intervention unterzogen wurde, keine Veränderungen aufwies. Keine Randomisierung, keine Verblindung und unzulängliche Kontrollgruppe -> Qualitätsrating: -2.

Brewitt, Vittetoe und Hartwell (1997): Bei der Quelle handelt es sich um ein Abstract vom Umfang einer Seite. Untersucht wurden fünf klinische Patienten, die im Laufe von neun Wochen jeweils elf Reikibehandlungen erhielten. Erfasst wurden der Hautwiderstand sowie die Geschwindigkeit der Hautreaktion an über 40 Punkten vor der ersten, nach der dritten und nach der neunten Behandlung. Hierbei ergaben sich für vier präpost- Differenzen Signifikanzwerte zwischen p = 0,01 und 0,003. Die Autoren schreiben: „Bonferonni [sic] statistical adjustments for small sample size and repeated measures with a paired t test indicated that SPI and NE2 max conductances and NE2 rise measurement maintained statistical significance.” Zieht man in Betracht, dass eine α-Adjustierung nach der einfachen Bonferroni-Korrekturformel α´ = α / m (Bortz, 1993, S. 249) bei m = 80 AV ein adjustiertes Signifikanzniveau von α´ = 0,05 / 80 = 0,000625 ergibt, so erscheint fragwürdig, ob die Ergebnisse wirklich als signifikant zu betrachten sind. Da sich der Sachverhalt anhand der spärlichen zur Verfügung stehenden Informationen schlecht klären lässt, soll das Ergebnis vorsichtig als 0 (widersprüchlich / unklar) kodiert werden. Qualitätsrating: -2 (nicht kontrollierter prä-post-Vergleich).

Olson und Hansen (1997): Da der Artikel im deutschen Leihverkehr nicht nachgewiesen ist, kann hier nur wiedergegeben werden, was Miles & True (2003, S. 69) in einem kurzen Absatz berichten. Die Autoren fanden in einem nicht kontrollierten prä-post- Design bei einer Stichprobe von 20 chronischen Schmerzpatienten eine signifikante Verringerung des subjektiven Schmerzempfindens nach einer einzelnen, 75-minütigen Reikibehandlung. Ergebnisrating: +1. Qualitätsrating: -2.

Dressen und Singg (1998) teilten 120 chronische Schmerzpatienten unterschiedlicher Genese randomisiert auf die vier Gruppen Reiki, Progressive Muskelentspannung (PME), keine Behandlung und Placebo-Reiki (die Behandler legten die Hände auf, ohne selber eine Reiki-Einweihung bekommen zu haben) auf (jeweils 10 Termine à 30 Minuten). Von den zwölf AV aus den Bereichen Schmerz, sowie verschiedener psychologischer Variablen wie Angst und Depression, wiesen Zehn als Ergebnis einer Varianzanalyse signifikante bis hochsignifikante Haupteffekte für die Reiki-Behandlungen im Vergleich zu allen drei Kontrollgruppen auf-> Ergebnisrating +2. Qualitätsrating: +1.

Wardell und Engebretson (2001) untersuchten in einem unkontrollierten prä-post-Design an 23 gesunden VPn die Effekte einer 30-minütigen Reiki-Behandlung auf neun physiologische und biochemische Entspannungs- bzw. Stressreduktionsparameter, sowie die Zustandsangst. Drei der zehn AV wiesen signifikante Veränderungen auf (p = 0,03; 0,02 & 0,003). Maßnahmen zur α-Adjustierung wurden nicht ergriffen, jedoch bleibt einer der Werte auch nach einfacher Bonferroni-Korrektur (α´ = 0,05 / 10 = 0,005) signifikant, so dass insgesamt von einem signifikant positivem Ergebnis ausgegangen werden kann-> Ergebnisrating: +1. Angesichts einer fehlenden Kontrollgruppe bei der Untersuchung von Entspannungsparametern an 30 Minuten in Ruhe liegenden VPn kann dieses Resultat inhaltlich jedoch leider nur als nichtssagend bezeichnet werden. Qualitätsrating: -2.

Shiflett, Nayak, Bid, Miles und Agnostelli (2002) untersuchten in einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie 50 subakute Schlaganfallpatienten unter den vier Bedingungen Reikimeister-Behandlung (n = 10), Reikischüler I-Behandlung (n = 10), Placebo-Behandlung (n = 10) und keine Behandlung („historische” Kontrollgruppe, n = 20). Die Behandlungsgruppen erhielten jeweils innerhalb von 2 ½ Wochen 10 Behandlungen à 30 Minuten. Gemessen wurden die Auswirkungen der Behandlungen auf den Summenscore eines Rehabilitations-Standardinventars sowie einer Depressionsskala. In beiden Fällen wurden die Ergebnisse nicht signifikant. Bemerkenswert an dieser Untersuchung ist die erfolgreiche Einführung von Doppelblindbedingungen in eine Reiki I-Studie durch die Ausbildung von Reikischülern im selben Kurs, von denen jedoch nur eine Hälfte unter Blindbedingungen die Einweihung erhielt. Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass die verblindeten Reiki-Praktizierenden nicht in der Lage waren herauszufinden, zu welcher Gruppe sie gehörten.
Ergebnisrating: -1. Qualitätsrating: +2.

3.4.4 Reikiforschung – Reviews

Wirth und Cram (1997): Der Review behandelt drei kontrollierte, randomisierte Doppelblindstudien zum Thema EMG und Komplementärtherapien (TT, Qi Gong, Reiki und LeShan) sowohl in der Direkt-, wie in der Fernbehandlung. Reiki kommt nur in einer der drei Studien zur Anwendung (Wirth & Cram, 1994). Eine der Studien weist inhaltlich uneindeutige Ergebnisse auf, die anderen Beiden werden im Sinne der Hypothesen signifikant -> Ergebnisrating: +2 (67 % signifikanteParameter). Bezüglich der Relevanz des Reviews in Hinblick auf Reiki kann lediglich ein Punkt für den Anteil der Reikistudien (33 %) vergeben werden -> Relevanzrating: -1.

Astin, Harkness und Ernst (2000) fassen in ihrem Review kontrollierter, randomisierter und verblindeter Fernheilungsstudien die Ergebnisse der qualitativ Hochwertigsten von ursprünglich über 100 ausfindig gemachten Fernbehandlungsstudien zusammen (vgl. S. 33). Mit 13 von 23 Studien weisen 57 % der Untersuchungen signifikant positive Resultate auf. Von einer formalen MA wurde zwar abgesehen, zu informellen Zwecken wurde für die Doppelblindstudien (N = 16) aber dennoch eine Effektstärke von ES(d) = 0,40 (p = 0,001) berechnet. Leider ist in dem ganzen Review nur eine einzige Fernreikistudie enthalten (Wirth, Brenlan, Levine & Rodriguez, 1993). Sie wurde der Untergruppe Other Distant Healing (N = 6) zugeordnet, deren Effektstärke von ES(d) = 0,38 die Signifikanz jedoch knapp verfehlte (p = 0,073). Ergebnisrating: +2. Relevanzrating: -1 (1 Punkt für die Berechnung metaanalytischer Kennwerte).

Benor (2001) fasst in der weltweit umfassendsten Geistheilungsübersicht insgesamt 191 Studien zusammen (davon 65 % mit signifikanten Ergebnissen, vgl. S. 31 f.), doch spielen die sechs aufgeführten Reikistudien unter dieser Summe nur eine verschwindend geringe Rolle. Von Interesse mag noch die Erwähnung zweier unpublizierter Reikistudien sein, von denen jedoch nur für eine ein negatives Ergebnis bei mittlerer qualitativer Güte angegeben ist, während über die andere Studie nichts Näheres bekannt wird. Leider fasst Benor die statistischen Kennwerten der von ihm zusammengetragenen Studien nicht weiter zusammen, so dass sich keine gesicherten Schlüsse aus seiner Übersicht ziehen lassen. Ergebnisrating: +2. Relevanzrating: 0.

Reiki-Studien Tabelle

Anmerkungen. Aufgeführt sind alle dem Verfasser bekannt gewordenen experimentellen Studien bzw. Reviews, in denen die Wirksamkeit von Reiki untersucht wird. Auf die einzelnen Untersuchungen wird im Text näher eingegangen. Im ersten Drittel der Tabelle finden sich Reiki I-Studien (Direktkontakt), im Zweiten Reiki II- Studien (Fernbehandlungen), im Dritten Reviews. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden vom Verfasser auf einer fünfstufigen Skala (ordinal) eingeschätzt, in der – – für negativ signifikante Ergebnisse steht, – für nicht signifikante Ergebnisse, 0 für unklare bzw. widersprüchliche Ergebnisse, + für signifikante Ergebnisse, und ++ hochsignifikante Ergebnisse, bzw. mindestens 50 % signifikante Parameter. Analog wurde mit der Studienqualität bzw. bei den Reviews mit der Relevanz in Hinblick auf Reikistudien verfahren. Auf der analog konzipierten Skala steht – – für massive Mängel / keine Relevanz, – für erhebliche Mängel / zu vernachlässigende Relevanz, 0 für deutliche Mängel / geringe Relevanz, + für leichte Mängel / nennenswerte Relevanz und ++ für fast fehlerfreie Studien / hohe Relevanz. Die genauen Operationalisierungskriterien finden sich auf S. 45 f. Bis auf die Studien von Brewitt, Vittetoe & Hartwell, sowie von Olson & Hansen, konnten alle Untersuchungen aufgrund der verfügbaren Informationen zuverlässig eingeschätzt werden.

Ebneter, Binder und Saller (2001) stellen in ihrer deutschsprachigen Übersichtsarbeit insgesamt 16 Fernheilungsstudien und 6 Reviews vor (vgl. S. 32 f.). Von den in der Übersicht enthaltenen zwölf randomisierten klinischen Doppelblindstudien weisen sechs (50 %) einen signifikanten Effekt auf. Drei dieser sechs signifikanten Studien sind die bereits vorgestellten Fernreikistudien von Wirth et al.. Ergebnisrating: +2. Relevanzrating: 0.

Miles und True (2003): Der einzige dem Verfasser bekannt gewordene Review, der sich ausschließlich mit dem Thema Reiki befasst, stammt von Miles und True. Die Autorinnen geben u. a. eine Übersicht über sieben Studien, in denen die Wirksamkeit von Reiki I oder II überprüft wird. Fünf der sieben Studien (71 %) weisen signifikante Ergebnisse auf. Eine Zusammenfassung statistischer Kennwerte wird nicht vorgenommen. Ergebnisrating: +2. Relevanzrating: +2.

3.4.5 Zusammenfassung des Forschungsstandes

Durch systematische Literaturrecherche konnten elf Studien und fünf Reviews ausgemacht werden, welche sich mit der experimentellen Wirksamkeitsüberprüfung von Reiki befassen. Nachdem die Studien in Hinblick auf Qualität, die Reviews in Hinblick auf Themenbezogenheit bezüglich Reiki selegiert wurden, verblieben fünf qualitativ akzeptable Studien und ein inhaltlich relevanter Review.

Von den fünf Studien weisen 80 % signifikant positive Ergebnisse auf. Dies ist ein beachtlicher Prozentsatz, der mit den Ergebnissen des Reviews von Miles und True (2003) in guter Übereinstimmung steht (71 % signifikante Studien) und die üblichen Quoten der parapsychologischen- und der Geistheilungsforschung sogar noch leicht übertrifft, wenngleich er auf einer sehr geringen Studienzahl basiert.

Für den Gegenstand der vorliegenden Arbeit von besonderem Interesse sind die ausfindig gemachten Fernreikistudien, da diese eine inhaltlich analoge Fragestellung untersuchen (Paranormalität). Betrachtet man die drei qualitativ akzeptablen Fernreikistudien, so weisen sie zu 100 % signifikante Ergebnisse auf. Nimmt man alle fünf ausfindig gemachten Fernreikistudien, so werden 80 % von ihnen signifikant. Die Fernreikistudien stehen damit hinter den Reiki I-Studien nicht zurück, sondern schneiden tendenziell sogar noch besser ab.

Auch für den Einwand, dass die positiven Ergebnisse der Studien auf methodische Fehler zurückzuführen seien und sich bei strengerer Kontrolle verflüchtigen würden, ergeben sich kaum Hinweise. Betrachtet man alle elf ausfindig gemachten Reikistudien, so weisen 73 % von ihnen signifikant positive Resultate auf, gegenüber 80 % unter den fünf qualitativ akzeptablen und 67 % unter den drei besten Studien. Beide Werte liegen gleichmäßig nah um 73 %, so dass sich hier keine eindeutige Tendenz ableiten lässt.

Bei kritischer Betrachtungsweise stellt sich der Sachverhalt jedoch anders dar. Da sämtliche qualitativ akzeptablen Fernreikistudien mit LeShan konfundiert sind, können sich aus ihnen keine definitiven Rückschlüsse auf eine Wirksamkeit von Fernreiki ziehen lassen. De facto liegt damit keine einzige qualitativ akzeptable Studie vor, die sich ausschließlich mit Fernreiki befasst. Darüber hinaus weist von den beiden verbleibenden Reiki I-Studien nur eine, und zwar die qualitativ schwächere, ein positives Ergebnis auf, so dass es für eine Wirksamkeit von Reiki letztendlich so gut wie gar keine wirklich fundierte empirische Evidenz gibt.

Anhand des vorliegenden Datenmaterials lässt sich die Frage über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Reiki nicht entscheiden. In diesem Sinne enthalten sich auch Miles und True (2003) jeder bewertenden Stellungnahme. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es Hinweise auf eine Wirksamkeit von Reiki sowohl in der Direkt-, als auch in der Fernbehandlung gibt; klären kann den Sachverhalt jedoch nur weitere empirische Evidenz.

3.5 Theoretische Modelle

Parapsychologische Modelle: Eine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Theorie so genannter paranormaler Phänomene gibt es nicht. Bezeichnet man als paranormal all das, was sich mit Hilfe bisheriger Theorien nicht erklären lässt, so ist dieser Umstand auch nicht weiter verwunderlich. Dies trifft auf „Subdisziplinen” parapsychologischer Forschung, wie die Lebensenergie-, Geistheilungs- oder Reikiforschung, ebenso zu. Die Frage, ob paranormale Phänomene, ihre Existenz als solche immer vorausgesetzt, dabei nun auf einen einheitlichen Effekt zurückzuführen sind, oder ob unterschiedliche Mechanismen am Wirken sind, ist noch weniger geklärt.

Eine Übersicht parapsychologischer Modelle gibt Stokes (1987, 1997, zitiert nach Schmidt, 2002, S. 128). Stokes unterscheidet laut Schmidt fünf Kategorien parapsychologischer Modelle:

  1. Skeptische Theorien, die versuchen, gefundene Effekte auf konventionellem Wege zu erklären.
  2. Theorien, die veränderte oder zusätzliche Annahmen zum vierdimensionalen Raumzeitmodell der Relativitätstheorie annehmen.
  3. Theorien, die von einem Signal für ASW und / oder PK ausgehen.
  4. Theorien, die auf Befunden der Nichtlokalität der Quantenmechanik aufbauen.
  5. Neuropsychologische Theorien, die versuchen, Psi-Effekte durch eine entsprechende Konzeption zur Lösung des Leib-Seele-Problems zu erklären Schmidt ergänzt diese Einteilung um eine sechste Kategorie von Dobny (2000, zitiert nach Schmidt, 2002, S. 129): Die phänomenologisch beschreibenden Theorien.

Die Ausführung der unterschiedlichen Modelle würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Hier sei verwiesen auf die einführenden Texte von Bischof (1999, S. 399 ff.), der überwiegend quantentheoretische Ansätze behandelt, die soeben skizzierten Übersichten von Stokes sowie auf Schmidt (2002, S. 125 ff. & S. 404 ff.), der sich mit den Anforderungen an eine parapsychologische Theorie auseinandersetzt und dabei auf das Modell der Pragmatischen Information von Loucadou (1995) näher eingeht, das seiner Meinung nach den bislang weitentwickelsten explizit parapsychologischen Theorieansatz darstellt.

Äthertheorien und lebensenergetische Ansätze: Das im Westen wohl bekannteste Lebensenergie-Äquivalent dürfte der so genannte Äther sein, der in der Physik des 19. Jahrhunderts (zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits in einer mechanistisch degenerierten Form) als hypothetisches, alles durchdringendes Trägermedium elektromagnetischer Strahlen ein etabliertes theoretisches Konstrukt darstellte. Die Äthertheorie wurde, im Gegensatz zur allgemeinen Lehrmeinung, weder durch das Michelson-Morley-Experiment von 1887 (eine Übersicht über die Forschungen Millers, der das Michelson-Morley-Experiment mit verfeinerten Messmethoden über Jahrzehnte hinweg fortsetzte und dabei zu durchgehend positiven Ergebnissen kam, findet sich bei DeMeo, 2000), noch durch Einsteins spezielle Relativitätstheorie von 1905 endgültig widerlegt. Einstein hatte das in eine Sackgasse führende mechanistische Ätherkonzept des 19. Jahrhunderts über Bord geworfen und den Raum selber als Träger des elektromagnetischen Feldes bestimmt. Doch gerade dadurch machte er den Weg frei für eine fruchtbare Neubewertung des Ätherkonzeptes, denn alsbald begann die Quantentheorie über die intensive Untersuchung des „leeren” Raumes und seiner Eigenschaften, diesen wieder zu füllen, womit der Äther erneut zu einem denkbaren Konzept wurde (Bischof, 1999, S. 402).

Als Beispiele für häufig diskutierte Modelle der Quantentheorie mit Erklärungswert für Lebensenergie- oder Ätherkonzeptionen seien hier Nernsts Nullpunktenergie des Vakuums, Beardens Skalarfelder, Wheelers Quantenschaum, Bohms Implizite Ordnung und Burkhard Heims Einheitliche Quantenfeldtheorie genannt (Bischof, 1999, S. 402 ff.).

Die Frage, wie weit sich lebensenergetische Konzeptionen durch derartige Theorien hinreichend erklären lassen, muss dahingestellt bleiben. Zwar lassen sich viele Postulate lebensenergetischer Ansätze, wie z. B. die alles durchdringende Präsenz dieser Energien oder im Falle Reiki die Unabhängigkeit von Raum und Zeit, durchaus in Übereinstimmung mit quantentheoretischen Ansätzen bringen, doch werden auch letztere unter Physikern kontrovers diskutiert, und ob Quantenphänomene sich wirklich auf die makroskopische Welt übertragen lassen ist ebenfalls ungeklärt.

Reiki aus Sicht der Praktizierenden: Eine Reiki-Theorie im wissenschaftlichen Sinne gibt es bislang nicht. Dennoch sollten die Reiki-Praktizierenden die Ersten sein, die befragt werden, wenn es darum geht, was Reiki denn nun eigentlich sei. Im Usui System der Reiki Heilung wird Reiki als eine (oder die) universale Lebensenergie bezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass das gesamte Universum von dieser Energie durchdrungen und dass Leben ohne sie nicht möglich sei (DGH, 1.5.2003). Auch die Unabhängigkeit von Raum und Zeit wird postuliert, da Reiki sich über jede beliebige Entfernung sowie in Zukunft und Vergangenheit senden lassen soll (Rand, 2000, S. II – 13 f.), ohne dabei an Stärke zu verlieren. Ein (bio-) physikalischer Nachweis dieser Postulate ist bislang jedoch noch nicht erbracht worden.

Reiki wird darüber hinaus als etwas Heiliges, Göttliches, mit einem höheren Bewusstsein Ausgestattetes betrachtet, weniger im Sinne einer personifizierten Gottheit, sondern eher in Richtung einer Beseeltheit der gesamten Schöpfung. Diese aus Sicht der klassischen Physik gewiss radikale Hypothese lässt sich mit der Quantentheorie grundsätzlich in Einklang bringen und in der Tat sprechen verschiedene Quantentheoretiker zumindest Elementarteilchen ein Bewusstsein zu (Bischof, 1999, S. 411 f.). Gesetzt den Fall, dass diese Interpretation zutreffen sollte, wäre es sogar wahrscheinlich, dass komplexere Anordnungen von Elementarteilchen wie Moleküle, Menschen, Planeten oder das ganze Universum ebenfalls ein (vermutlich höher entwickeltes) Bewusstsein besitzen. Vor diesem Hintergrund bräuchte das Reiki-Erklärungsmodell nicht unbedingt im Widerspruch zu einer naturwissenschaftlichen Sichtweise stehen. Dementsprechend werden in jüngerer Zeit auf privaten Homepages auch gerne Verbindungen von Reiki zu quantenphysikalischen Theorien hergestellt, wo Reiki dann als unpolarisierte subatomare Energieform, primordiale masselose Energieform, Nullpunkt-oder Tachyonenenergie bezeichnet wird – dies stellt jedoch keine offizielle Position der großen Verbände dar.

3.6 Zusammenfassung

Den weitesten Geltungsbereich wie auch die umfassendste und fundierteste Empirie weist von allen untersuchten Forschungsfeldern die Parapsychologie auf. Sie kann diverse MA mit überwiegend positiven Ergebnissen auf Grundlage mehrerer Millionen Versuchsdurchgänge aufweisen. Die gefundenen Effekte sind zwar sehr klein, aufs Ganze gesehen jedoch stabil, replizierbar und robust, selbst wenn man sehr strenge Maßstäbe anlegt.

Über Stärke und Bedeutsamkeit der gefundenen Effekte wird bis heute kontrovers diskutiert, doch selbst Kritiker, die die Paranormalitätshypothese nach wie vor ablehnen, räumen inzwischen ein, dass man es mit einer Datenbasis zu tun hat, deren ungewöhnliche Struktur sich durch Zufall allein nicht erklären lässt. Den kleinsten gemeinsamen Nenner stellt damit der Nachweis einer Anomalie dar. Ob diese nun jedoch durch aus heutiger Sicht paranormale Mechanismen zustande kommt, wird vermutlich offen bleiben, bis ein überzeugendes theoretisches Modell verfügbar ist, das die gefundenen Effekte zu erklären vermag – auf die eine oder auf die andere Art.

Doch auch ohne theoretisches Modell erlaubt der Nachweis ungewöhnlicher Datenstrukturen im parapsychologischen Laborexperiment, die Ergebnisse anderer Forschungsbereiche, welche nicht im gleichen Maße kontrollierbar sind, unter weniger strengen Maßstäben zu betrachten. Nachdem der prinzipielle Nachweis des Phänomens unter Ausschluss aller bekannten Alternativerklärungen geliefert ist, kann man bei der Interpretation verwandter Forschungsgebiete zu den Maßstäben normaler Wissenschaft im Sinne Kuhns (1999, S. 25 ff.) übergehen, ohne ständig argwöhnen zu müssen, dass Betrug oder eklatante Experimentierfehler für das Zustandekommen der Ergebnisse verantwortlich seien.

Betrachten wir unter diesen Voraussetzungen die Ergebnisse der allgemeinen Geistheilungsforschung, so finden wir in den Übersichten von Benor (2001), Ebneter et al. (2001) und Astin et al. (2000) rund 200 Studien, von denen, je nach Art der getroffenen Auswahl, 50 % bis 74 % signifikant positive Ergebnisse aufweisen. Anzumerken ist, dass sich unter diesen Studien nur ein relativ geringer Anteil doppelblinder Fernheilungsstudien befindet, doch auch bei diesen liegen die Ergebnisse in vergleichbaren Bereichen.

Die Studienqualität scheint mit den Ergebnissen tendenziell positiv korreliert zu sein.

Zum Thema Reiki ließen sich insgesamt elf empirische Studien ausfindig machen, von denen 73 % signifikante Resultate aufweisen. Betrachtet man nur die qualitativ akzeptablen Studien (N = 5), so werden 80 % signifikant, nimmt man nur die qualitativ akzeptablen Fernreikistudien (N = 3), so sind es sogar 100 %. Zusammenhänge zwischen Ergebnissen und Studienqualität sind hierbei nicht erkennbar. Die Ergebnisse der Reikiforschung lassen sich damit gut in das aus der allgemeinen Fernheilungsforschung bekannte Bild integrieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die parapsychologische Laborforschung das Vorhandensein einer Anomalie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden konnte, während die Befunde aus den Anwendungsbereichen auf Effektstärken schließen lassen, denen, wenn sie sich in dieser Form bestätigen lassen sollten, auch praktische bzw. klinische Bedeutsamkeit zukommen würde. Studien zum Thema Reiki weisen hierbei keine erkennbaren Unterschiede im Vergleich zu den Ergebnissen der allgemeineren Geistheilungsforschung auf.

Da die genannten Befunde sich mit bisherigen theoretischen Modellen nicht erklären lassen, stellt die Paranormalitätshypothese eine ebenso wahrscheinliche wie vernünftige Erklärung auf deskriptivem Niveau dar. An theoretischen Erklärungsmodellen mangelt es der Parapsychologie, den lebensenergetischen, spirituellen und religiösen Ansätzen dabei nicht. Die alles einende Theorie, welche in der Lage wäre, die Beobachtungen der unterschiedlichen Forschungsbereiche integrierend zu erklären und Arbeitsmodelle zur Verfügung zu stellen, aus denen sich wiederum überprüfbare Hypothesen ableiten ließen, ist bislang jedoch nicht in Sicht. Zum heutigen Zeitpunkt ist noch nicht einmal bekannt, ob es sich überhaupt um einheitliche Phänomene handelt, die auf dieselben Mechanismen und Gesetzmäßigkeiten zurückführen sind, oder ob die paranormalen Phänomene lediglich der Umstand ihrer bisherigen Unerklärlichkeit eint. Andererseits stellen die Befunde grenzwissenschaftlicher Forschung die bislang angenommenen Gesetze von Raum und Zeit mit auffallender Einstimmigkeit in Frage und angesichts der Vielzahl konvergierender Befunde scheint es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass wir es im Sinne Kuhns (1999) mit einem Forschungsfeld im präparadigmatischen Stadium zu tun haben. Die Entscheidung hierüber wird der zukünftige Forschungsgesamtprozess bringen. Damit soll an dieser Stelle zum empirischen Teil der Arbeit übergegangen werden.

Diplomarbeit von Moritz Harder “Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki”

Teil 1: Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki – Gegenstandsbereiche
Teil 2: Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki: Forschungen
Teil 3: Zur paranormalen Informationsvermittlung mit Fernreiki: Reikiforschung
Der empirische Teil der Arbeit wurde nicht auf Reikiland veröffentlicht.

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