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Thema 10. KW: Eltern, die ihre Kinder nicht loslassen können

Verfasst: 06.03.2007, 08:45
von Carya Fee
Guten morgen!

In Absprache mit Kathi eröffnet ich also einmal die 10. KW.

Ich lerne einen Menschen kenne und stelle fest, dass er nicht alleine vor mir steht. Ich möchte mit diesem Menschen mein Leben teilen, doch hinter ihm steht seine Mutter, die ihn nicht loslassen kann.
Sie versucht ihn an sich zu binden, indem sie ihm ein schlechtes Gewissen einredet. Indem sie versucht der Mittelpunkt der Erde zu sein.
Trotz aller klarer Worte ihres Sohnes kann sie ihn nicht gehen lassen, - in sein eigenes Leben.
Sie merkt gar nicht, wie sehr sie ihn mit ihrer Art verletzt.

Das finde ich schlimm, wenn Eltern meinen, sie tun ihren Kindern etwas gutes und sind blind für die Verletzungen, die sie ihnen damit jedoch zufügen.
Jeder muß sein eigenes Leben leben, seine eigenen Fehler machen, seinen Weg gehen. Wie sehr genießen es Kinder, die sie ja ihr Leben lang für ihre Eltern bleiben, wenn Mama und Papa einem im Rücken stehen. Wenn sie ihr Kind in einen gesunden Maß stützen und nicht erdrücken.
Viele Kinder können sich nicht entfalten und lernen erst gar nicht ihr eigenes Leben zu meistern. So sind sie immer abhängig von Menschen, die sie an die Hand nehmen.

Laße es euch gut gehen in dieser Woche,
liebe Grüße,
Tanja

Verfasst: 06.03.2007, 09:37
von Mickie
Loslassen und Eltern, im Moment für mich das Thema um dem sich bei mir viel kreist. Seit nunmehr 3 Jahren versuche ich zu meinen Eltern eine Basis herzustellen, die den Respeckt Erwachsener Personen untereinander gerecht wird, aber auch die Achtung vor den eigenen Eltern.
Ich habe lange an mir gearbeitet um zu verstehen, das meine Eltern mich eben nicht losgelassen haben und mich mit Ihrer Tradition, Einsicht und indirekten weiteren Erziehung einfach erdrücken. Für mich ist aber auch verstehen gekommen, Akzeptanz das sie sind wie sie sind. Nur jetzt fehlt uns schlicht die Kommunikationsebene. Ich weiss gar nicht wie ich es ausdrücken soll ohne meine Eltern als die Bösen hinzustellen, nur in Ihren Gedanken bin ich derzeit voller Probleme und Sorgen, mit einem unzumutbaren Partner zusammen und bräuchte dringend ihre Führung, die ich schlicht verweiger.
Jedesmal wenn ich versuche, irgendwo doch unsere natürliche Bindung zu beleben mit Frieden und Leichtigkeit, scheiter ich daran, das sie etwas ganz anderes darin sehen und mich nur weiter von Ihnen wegbringt als zueinander hin.
Es erschreckt mich, das mein Umfeld nur den Weg der totalen Trennung sehen und so suche ich weiter nach einer Lösung in der ich als selbstbestimmte eigenständige Frau bestehen kann und zeitgleich sie als Eltern in mein Leben integrieren kann.
Tja nur die Sackgasse scheint zur Zeit noch nichtmal einen Rückweg zu haben.

Nachdenklich in den Tag weiter zieh.

Gruss Mickie

Verfasst: 06.03.2007, 16:02
von Lehrling
In der Verwandtschaft gab es das auch. Ende vom Lied: die Kinder sind weit weg gezogen.
Diese Situation habe ich zum Glück nicht erleben müssen und möchte sie auch meinen Kindern ersparen.
Mir selbst war meine Selbstständigkeit enorm wichtig und für meine Kinder ebenfalls. Ich stehe auf dem Standpunkt: Nur wer weggeht, kann auch wiederkommen!
Klar sieht man manches anders als die jüngere Generation, aber ich denke, bei der Erziehung habe ich mein möglichstes getan und kann sie deswegen jetzt getrost laufen lassen. Wenn sie Hilfe brauchen, können sie kommen - eine Familie muß zusammenhalten - und wenn sie nicht wollen, ist es auch ihre Sache.
Ich habe noch ein Leben nach der Kindererziehung :-)

liebe Grüße
Lehrling

Verfasst: 11.03.2007, 19:43
von Elvira
Lehrling hat geschrieben: Ich habe noch ein Leben nach der Kindererziehung :-)
Ich schweif direkt am Anfang mal ab: Der Sohn unserer Nichte hat Konfirmanden-Unterricht und der Pfarrer war mit den Kids auf dem Friedhof. Hinterher im Gemeindehaus wurde eine Frage (grinsend) vom Pfarrer gestellt:"Wann beginnt das Leben danach?" Na klar, nachdem die Kinder aus dem Haus sind! :lol:

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Vielen Danke liebe Carya Fee, dies ist ein schönes Thema!

Ich kann dieses Thema von zwei Seiten beurteilen. 42 Jahre lang habe ich mit meiner Mutter in einem Haus zusammengelebt. Sie im Erdgeschoß mit ihrem Lebensgefährten und meine Familie und ich oben drüber.

42 Jahre immer Mutti um sich herum haben, immer für Mutti dasein, trotz eigener Familie immer wieder greifbar sein.
Ich würde es nie wieder machen, mit den Eltern in ein Haus zu ziehen. Es ergab sich halt so, da es auch mein Elternhaus ist.
Aber ich bin immer Kind geblieben. Obwohl dies ja wohl die natürlichste Art der Mutter/Kind Beziehung ist. Man(n)/Frau bleibt immer Kind :lol: .

Das war auch nicht mein Problem. Mein Problem war die ständige Kontrolle meiner Mutter über mich:"Wo gehst du hin, was machst du gerade etc?" oder das ständige Einmischen:"So kannst du das nicht machen, die Kids müssen das so und so lernen." Oder das unter Druck setzen: "Wenn du meinst, arbeiten gehen zu müssen, ich unterstütze dich nicht und paß auf die Kinder auf!"

Manchmal habe ich die Fäuste in die Tasche gesteckt und mir gesagt, bleib ruhig, wird schon wieder :cry: ! Es entstand so eine Art Haßliebe auf meine Mutter. Das verschwand erst wieder, als Mutti im Alter an Depressionen litt. Da tat sie mir sehr leid. (Ich weiß, nicht mitleiden sondern mitfühlen 8) ).

Da ich meinen Vater und Mutti ihren Ehemann sehr früh verlor und ich auch Einzelkind bin, hing Mutti sehr an mir. Dabei hatte sie nach Papa zwei Lebensgefährten, um die sie sich kümmerte.

Nach Muttis Tod war da keiner mehr, der so klammerte und mich kontrollierte. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie läßt mich immer noch nicht los. Erst durch Reiki kam es zu einer etwas gelockteren (ver)Bindung. Und trotzdem denke ich, das ich heute viel selbstbewußter und selbständiger wäre, hätte ich auch erst einmal einen Auszug gewagt.

Aber leider hatte ich von Mutti auch viel abgeguckt, was das Klammern betraf und das Kontrollieren. Und da standen jetzt meine zwei Mädels und ich versuchte, noch zu Muttis Lebzeiten, alles im Griff zu behalten. Und merkte, wie anstrengend das ist und auch krankmachen kann. Mich und die Familie.

Aber Gespräche mit der Familie und Therapeuten und Freunde halfen uns zu einem fast normalen Familienleben. :lol: . Jetzt sind die Mädels 18 und 20 und Männe und ich wünschen uns, das sie lieber heute als morgen ausziehen und selbständig werden und auf eigenen Beinen stehen können.

Erst einmal weg vom Heim, von den Eltern. Die Schlüssel können sie behalten, sprich die Tür ist immer offen, aber erst einmal draußen gucken, wie "das Leben" funktioniert. Die Grundlagen haben sie ja von uns mit bekommen.

Liebe nachdenkliche Grüße
von der Kathi

Verfasst: 11.03.2007, 23:11
von sonneundmond
Ich habe auch in meiner Familie erlebt, wie schwer das Loslassen ist und wie schwer es ist, mit einem Menschen zu leben, der nicht losgelassen wurde.
Ich habe meinen Mann kennen gelernt, da war er schon 33 J. Einzelkind, der Vater früh verstorben und da brauch ich nicht weiter zu schildern, wie das Verhältnis zu seiner Mutter war.
Ein Zusammenziehen mit meiner Schwiegermutter konnte ich dadurch verhindern, daß ich am Traualtar "NEIN" gesagt hätte, wenn mein Mann auf einem Zusammenleben bestanden hätte.
40 Jahre habe ich meine Schwiemu ertragen, zwar 200km entfernt, aber immer allgegenwärtig und immer leise stichelnd, wie schön ER es hätte haben können, wenn er bei ihre geblieben wäre.
Keinen einzigen Ferientag war wir mal allein, immer bei Muttern, die ein großes Haus hatte.
Vor zwei Jahren ist sie mit 97 Jahren plötzlich verstorben und mein Mann fiel in ein Vakuum, aus dem er sich jetzt langsam herausschält.

Ich habe zwei Söhne, die sind verheiratet, wohnen am gleichen Ort und ich warte jedesmal oder fast jedesmal, bis ich zu einem Besuch aufgefordert werde. Sie kommen oft vorbei, es sind ja auch Enkelkinder da, die mit großer Liebe an ihren Großeltern hängen.

Verfasst: 12.03.2007, 17:04
von Carya Fee
Hallo Sonneundmond!

Du hast aber sehr lange still gehalten. Da hätte ich bei einigen Dingen schon eher einen Riegel vorgeschoben.
In etwa so: "Du möchtest in den Ferien zu deiner Mutter? Gern, doch ohne mich."

So habe ich so manche Situation für mich schon in der Vergangenheit gelöst. Leider trennt einen das auch von seinem Partner und wenn der nicht hinter einem steht und zu seiner Mutter rennt, dann kann einen das ganz schön einsam machen.

Liebe Grüße,
Tanja

Verfasst: 12.03.2007, 22:58
von sonneundmond
Ich habe es ertragen, weil ich meinen Mann liebe und das seit 42 Jahren.

Verfasst: 13.03.2007, 09:04
von Carya Fee
Das schaffen heute nicht mehr viele.
Respekt!!!

Verfasst: 14.03.2007, 17:14
von Angelika95
Ich habe meinen Mann vor die Wahl gestellt, entweder er feiert Heiligabend mit Frau und Kind oder mit seiner Geburtsfamilie, zusammen habe ich nicht mehr ausgehalten. Er hat sich für uns entschieden, sogar ziemlich freiwillig und findet es zum Glück auch schöner so, wobei wir seine inzwischen verwitwete Mutter eingeladen hätten, bevor sie allein zu Hause sitzt, aber eine große *Fete* an diesem Tag? Nein danke.
Ich finde familiären Zusammenhalt gut und wichtig, aber manchmal :-? ... wir haben im 4 Wochen Rythmus Geburtstag und dann schlägt die komplette Verwandtschaft am liebsten im Rudel auf, für Freunde fehlt dann oft der Platz.
Meine Mutter lässt mich bis heute nicht los, Kontrolle und Miesmachen inkl.
nur die Entfernung macht es mittlerweile erträglich, ich denke, es ist so eine Art Hassliebe, beiderseitig, sehr anstrengend, für mich, für sie weiß ich nicht.
Manchmal denke ich, so ein Trennungsritual wie bei manchen Naturvölkern ist eine gute Sache, nicht zu früh und nicht zu spät :wink:

VLG
Angelika