Spirituelle Krisen (Dunkle Nacht der Seele)
Verfasst: 19.11.2004, 20:19
Hallo liebe Leute,
vielen ist der Begriff "Dunkle Nacht der Seele" sicher bekannt, auf dem spirituellen Weg kann es zu Zuständen kommen, die von einer überwältigenden Dimension sind, von ekstatischen Zuständen bis hin zur Konfrontation mit dem Schatten der Schöpfung. Es gab Zeiten, da sah ich in allem den Tod, die Menschen um mich herum starben hinweg, ich war in einem Yogaashram und sah wie alle Menschen um mich herum ihre Köpfe verloren, da war plötzlich niemand mehr im Raum. Später dann waren da wieder ekstatische Zustände, ich hatte über Monate kein sexuelles Interesse, über die ganze Zeit hinweg strömte eine Energie in der Nierengegend und die Wirbesäule hoch, wobei immer wieder eindrucksvolle Bilder auf mich eindrangen ohne etwas dagegen tun zu können, ich sah Bäume, Blumen, Tiere und Szenen von Menschen.
Die Bäume im Garten "sprachen" mit mir, wobei ich nicht wusste ob ich zu mir selbst sprach oder ob es etwas ist das von außen kommt, ich wusste gar nicht wo innen und außen war, wer ich war. Die köperlichen Erscheinungen waren sehr vielfältig, es schien mir so, als hätte ich sämtliche Krankheiten in kürzester Zeit durchlebt, ich lag Zeitweise mit Krämpfen und Schmerzen im Bett. Während dieser Zeit schwankte ich zwischen Todesangst und ekstatischen Zuständen. Ich rannte irgendwie orientierunglos durch die Gegend, es gab keine Richtung außer der Natur die ich wärend dieser Zeit bevorzugte. Jegliche Meditationstechnik oder spirirituelle Literatur erweckte einen Widerwillen in mir zu dieser Zeit, ich konnte nichts von dem aufnehmen oder irgendwie nutzen.
Das Ganze ist jetzt etwa 3 Monate her und es wird sicher noch einige Zeit dauern bis das vollkommen verdaut ist.
Wer ähnliche Erfarungen gemacht hat und sich mit mir austauschen möchte, kann gerne Kontakt mit mir aufnehmen, ich würde mich sehr freuen.
Ich habe hier noch einen Text mit Links, die für den einen oder anderen vielleicht hilfreich sein könnten.
lieben Gruß, Roland
Erscheinungsbild einer spirituellen Krise
Ebenso, wie in den Turm auf der Tarotkarte der Blitz einschlägt, Flammen erzeugt, Risse reißt und das Gebäude in seinen Grundfesten erschüttert, so können Bewusstseinserfahrungen, die das Gewöhnliche und Gewohnte übersteigen, die Stabilität unserer Psyche auf eine enorme Probe stellen und für gewisse Zeiten stark beeinträchtigen. Für diesen Vorgang hat sich der Begriff "Spirituelle Krise" (engl. "spiritual crisis") bzw. "Spiritueller Notfall" (engl. "spiritual emergency") eingebürgert.
Meist kann man im Vorfeld, bzw. zu Beginn der Krise, einen oder mehrere Auslöser finden: extreme physische Erfahrungen (z.B. Geburt, Nah-todeserfahrung, Unfall, Krankheit, sexuelle Erfahrungen) und/oder extreme psychische Erfahrungen (z.B. intensive Lebenserfahrungen - positiv oder negativ - Drogenerfahrungen, Erfahrungen im Zusammenhang mit therapeutischen oder spirituellen Praktiken).
Die Symptome, die mit einer solchen Krise einhergehen, können in Form von physischen Störungen, (z.B. Rücken-, Kopf-, Gliederschmerzen, Muskelzittern, vegetative Symptome, Fieber) und/oder in Form von psychischen Störungen (z.B. ekstatische Zustände, Halluzinationen, Illusionen, Ängste, Depressionen) auftreten. Sie verschwinden in der Regel erst dann wieder, wenn die außergewöhnlichen Erfahrungen körperlich und seelisch verarbeitet und in den eigenen Lebenszusammenhang integriert worden sind. Eine solche Verarbeitung und Integration kann, je nach dem Ausmaß der "Erschütterung", Tage, Monate oder viele Jahre in Anspruch nehmen.
Meist werden von den betroffenen Personen tiefe Einsichten und ein Zuwachs an Verstehen erlebt, deren Wahrheitsgehalt so eindrücklich ist, dass ein neuer Sinnzusammenhang entsteht.
Häufige Themen im Rahmen solcher Krisen sind (nach Lukoff): 1. Der Tod, Todeserfahrungen
2. Wiedergeburt 3. Eine (innere) Reise 4. Begegnungen mit Geistwesen 5. Kosmische Konflikte 6.Magische Kräfte 7. Erneuerung der Gesellschaft 8. Vereinigung mit dem Göttlichen.
Solchen Krisen wird ein starkes Heilungs- und Veränderungspotential nachgesagt (z.B. Grof & Grof), eine gelungene Verarbeitung führt zu einem gestärkten Selbst- und Identitätsbewusstsein und einem größeren Engagement im Bereich gesellschaftlicher Verantwortung.
Die "dunkle Nacht"
Den Begriff "dunkle Nacht" hat der bekannte spanische christliche Mystiker Johannes v. Kreuz geprägt. In seiner Beschreibung führt der Weg der mystischen Transformation zunächst durch die dunkle Nacht der Sinne und dann durch die dunkle Nacht des Geistes, bevor sich die gequälte und von Gott verlassen fühlende Seele mit dem Göttlichen vereinigen kann (unio mystica). Äußerlich musste J. v. Kreuz (im 16. Jahrhundert) Gefangenschaft und schlimme Folterungen erdulden, da seine Reformbemühungen um das damalige Ordensleben (zusammen mit Teresa v. Avila) von der katholischen Kirche verfolgt wurden.
Jack Kornfield, ein zeitgenössischer buddhistischer Lehrer der Vipassana Einsichts-Meditation und Psychologe drückt das so aus: "Alle (spirituellen, Anm. d. Verf.) Entwicklungsprozesse ... haben immer mit einem Loslassen unserer alten Identität und der Wiedergeburt in Form eines neuen Selbstgefühls zu tun." Er bezeichnet diesen Prozess als allumfassend: "er bezieht unser ganzes Sein mit ein. Nachdem wir unsere spirituelle Identität verlassen haben, führt uns die Meditation durch die völlige Auflösung unseres Selbstgefühls, durch eine so >tiefe Nacht< wie der Tod selbst" (S.186) Und später: "Dieser Prozess von Tod und Wiedergeburt kann sich in jedem denkbaren Zeitraum vollziehen" (S. 191).
C. Myss, eine amerikanische Journalistin und Lehrerin intuitiver Fähigkeiten schreibt. "Während dieser Verlassenheit zerbricht dein eigener Geist, und du erkennst, dass du dieser Hölle nur entrinnst, wenn du dich wieder Gott zuwendest und die Bedingungen des Göttlichen akzeptierst, gleichgültig, was der Himmel danach auch von dir fordern mag." (S. 365)
Die Beschreibungen lassen nur ahnen, was die jeweiligen AutorInnen in ihrer "dunklen Nacht" durchlebt haben: das Gemeinsame scheint ein zutiefst existentieller und mächtiger Prozess zu sein, der die Bereitschaft zu völligem Loslassen und der absoluten Hingabe an eine innere Führung erfordert. Ein Prozess, der sich in unseren Zeiten nicht nur hinter Klostermauern vollzieht, sondern auch im weltlichen Leben Menschen ergreift, die an viel weniger geschützten Orten und in weniger religiös ausgerichteten Lebenszusammenhängen damit zurechtkommen müssen.
Transformation und Krise
Wir leben in einer Zeit herausfordernder globaler Krisen. Krisen, die wie von verschiedenen Seiten postuliert wird, nur bewältigt werden können, wenn viele reife erwachsene Persönlichkeiten an ihrer Lösung mitarbeiten. Gemeint sind Menschen, die ein Bewusstsein für Zusammenhänge entwickelt haben, die über ein individuelles Sicherheits-, Gewinn- und Glücksstreben hinausgehen und aus einem Verständnis der Einheit und des Verbundenseins aller Dinge heraus handeln können. Zu einem solchen Bewusstsein gelangen Personen nur, wenn sie auch im Erwachsenendasein noch Entwicklung und Verwandlung (Transformation) zulassen können - eine Verwandlung, die von einer individuell empfundenen Identität zu einem über das Individuum hinausgehenden ("überindividuellen" nach R. Kegan) Selbst-Gefühl führt.
Eine solche Transformation (wörtl. Umformung) wird immer krisenhaft, meist auch leidvoll und schmerzhaft erlebt. Das Loslassen des alten Identitätsgefühls geschieht nicht freiwillig, es wird in der Regel durch tiefgreifende innere und äußere Veränderungen erzwungen. Es erzeugt jede Menge Ängste und Verunsicherungen und erfordert hingebungsvolles Vertrauen (vor allem in der Übergangszeit), dass die eigene Entwicklung wieder eine neue, tragfähige Form hervorbringen wird.
Robert Kegan (Professor in Harvard und Erforscher der Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters) führt genauer aus, wie sich das Selbst-Gefühl transformiert. In seinem Entwicklungsmodell ändert sich durch jeden qualitativen Entwicklungsschritt (Transformation) die Subjekt-Objekt-Beziehung in der Selbstwahrnehmung. Das heißt, was wir subjektiv als Ich empfinden und was wir als Nicht-Ich empfinden, ändert sich im Verlauf des menschlichen Lebens mehrmals, wobei eine Verschiebung von dem Subjekt (Ich) zugeordneten Wahrnehmungen zu dem Objekt (Nicht-Ich) zugerechneten Wahrnehmungen stattfindet. "Der Endpunkt der Entwicklung läge in der vollständigen Identifikation des Selbst mit der Welt. Es wäre im Grunde das Erkennen der Einheit des Universums - also etwas, wovon wir immer wieder in den östlichen und westlichen Weisheitslehren gehört haben". (Kegan in: WIE 8, S. 86)
Maria-Anne Gallen (11/2003)
Ausgewählte Literatur:
Bragdon, E.: Spirituelle Krisen. Wendepunkte im Leben. Freiburg, 1991.
Gallen, M.-A.: Warum klinisch ausgebildetet PsychotherapeutInnen viel Demut im Umgang mit spirituellen Krisen brauchen. In: Phönix 7/2002
Grof, C.& Grof, S.: Die stürmische Suche nach dem Selbst. München, 1991.
Grof, S.& Grof, C.: Spirituelle Krisen. Chancen der Selbstfindung. München, 1990.
Kegan, R.: Entwicklungsstufen des Selbst. München, 1994, 3.Aufl
Kornfield, J.: Frag den Buddha und geh den Weg des Herzens. München, 1995
Kornfield, J.: Das Tor des Erwachens. München, 2001.
v. Kreuz, J.: Die Dunkle Nacht. Freiburg, 1995, 3.Aufl.
Lukoff, D.: From Spiritual Emergency to Spiritual Problem: The Transpersonal Roots of the New DSM-IV Category. Journal of Humanistic Psychology, 38(2), 21-50, 1998
Myss, C.: Chakren - die sieben Zentren von Kraft und Heilung. München, 1997.
WIE-Was ist Erleuchtung 8: Bist du bereit, dich jetzt zu ändern? Zur Dynamik menschlicher Transformation, Frühjahr 2003
Ausgewählte Links:
www.senev.de/index.htm (SEN-Spiritual Emergence Network Deutschland)
www.senev.de/therap.htm (Therapeutenliste des SEN-Spiritual Emergence Network Deutschland)
www.heiligenfeld.de (Heiligenfeld Kliniken in Bad Kissingen)
www.internetguides.com/se/index.html (Spiritual Emergency Resource Center)
vielen ist der Begriff "Dunkle Nacht der Seele" sicher bekannt, auf dem spirituellen Weg kann es zu Zuständen kommen, die von einer überwältigenden Dimension sind, von ekstatischen Zuständen bis hin zur Konfrontation mit dem Schatten der Schöpfung. Es gab Zeiten, da sah ich in allem den Tod, die Menschen um mich herum starben hinweg, ich war in einem Yogaashram und sah wie alle Menschen um mich herum ihre Köpfe verloren, da war plötzlich niemand mehr im Raum. Später dann waren da wieder ekstatische Zustände, ich hatte über Monate kein sexuelles Interesse, über die ganze Zeit hinweg strömte eine Energie in der Nierengegend und die Wirbesäule hoch, wobei immer wieder eindrucksvolle Bilder auf mich eindrangen ohne etwas dagegen tun zu können, ich sah Bäume, Blumen, Tiere und Szenen von Menschen.
Die Bäume im Garten "sprachen" mit mir, wobei ich nicht wusste ob ich zu mir selbst sprach oder ob es etwas ist das von außen kommt, ich wusste gar nicht wo innen und außen war, wer ich war. Die köperlichen Erscheinungen waren sehr vielfältig, es schien mir so, als hätte ich sämtliche Krankheiten in kürzester Zeit durchlebt, ich lag Zeitweise mit Krämpfen und Schmerzen im Bett. Während dieser Zeit schwankte ich zwischen Todesangst und ekstatischen Zuständen. Ich rannte irgendwie orientierunglos durch die Gegend, es gab keine Richtung außer der Natur die ich wärend dieser Zeit bevorzugte. Jegliche Meditationstechnik oder spirirituelle Literatur erweckte einen Widerwillen in mir zu dieser Zeit, ich konnte nichts von dem aufnehmen oder irgendwie nutzen.
Das Ganze ist jetzt etwa 3 Monate her und es wird sicher noch einige Zeit dauern bis das vollkommen verdaut ist.
Wer ähnliche Erfarungen gemacht hat und sich mit mir austauschen möchte, kann gerne Kontakt mit mir aufnehmen, ich würde mich sehr freuen.
Ich habe hier noch einen Text mit Links, die für den einen oder anderen vielleicht hilfreich sein könnten.
lieben Gruß, Roland
Erscheinungsbild einer spirituellen Krise
Ebenso, wie in den Turm auf der Tarotkarte der Blitz einschlägt, Flammen erzeugt, Risse reißt und das Gebäude in seinen Grundfesten erschüttert, so können Bewusstseinserfahrungen, die das Gewöhnliche und Gewohnte übersteigen, die Stabilität unserer Psyche auf eine enorme Probe stellen und für gewisse Zeiten stark beeinträchtigen. Für diesen Vorgang hat sich der Begriff "Spirituelle Krise" (engl. "spiritual crisis") bzw. "Spiritueller Notfall" (engl. "spiritual emergency") eingebürgert.
Meist kann man im Vorfeld, bzw. zu Beginn der Krise, einen oder mehrere Auslöser finden: extreme physische Erfahrungen (z.B. Geburt, Nah-todeserfahrung, Unfall, Krankheit, sexuelle Erfahrungen) und/oder extreme psychische Erfahrungen (z.B. intensive Lebenserfahrungen - positiv oder negativ - Drogenerfahrungen, Erfahrungen im Zusammenhang mit therapeutischen oder spirituellen Praktiken).
Die Symptome, die mit einer solchen Krise einhergehen, können in Form von physischen Störungen, (z.B. Rücken-, Kopf-, Gliederschmerzen, Muskelzittern, vegetative Symptome, Fieber) und/oder in Form von psychischen Störungen (z.B. ekstatische Zustände, Halluzinationen, Illusionen, Ängste, Depressionen) auftreten. Sie verschwinden in der Regel erst dann wieder, wenn die außergewöhnlichen Erfahrungen körperlich und seelisch verarbeitet und in den eigenen Lebenszusammenhang integriert worden sind. Eine solche Verarbeitung und Integration kann, je nach dem Ausmaß der "Erschütterung", Tage, Monate oder viele Jahre in Anspruch nehmen.
Meist werden von den betroffenen Personen tiefe Einsichten und ein Zuwachs an Verstehen erlebt, deren Wahrheitsgehalt so eindrücklich ist, dass ein neuer Sinnzusammenhang entsteht.
Häufige Themen im Rahmen solcher Krisen sind (nach Lukoff): 1. Der Tod, Todeserfahrungen
2. Wiedergeburt 3. Eine (innere) Reise 4. Begegnungen mit Geistwesen 5. Kosmische Konflikte 6.Magische Kräfte 7. Erneuerung der Gesellschaft 8. Vereinigung mit dem Göttlichen.
Solchen Krisen wird ein starkes Heilungs- und Veränderungspotential nachgesagt (z.B. Grof & Grof), eine gelungene Verarbeitung führt zu einem gestärkten Selbst- und Identitätsbewusstsein und einem größeren Engagement im Bereich gesellschaftlicher Verantwortung.
Die "dunkle Nacht"
Den Begriff "dunkle Nacht" hat der bekannte spanische christliche Mystiker Johannes v. Kreuz geprägt. In seiner Beschreibung führt der Weg der mystischen Transformation zunächst durch die dunkle Nacht der Sinne und dann durch die dunkle Nacht des Geistes, bevor sich die gequälte und von Gott verlassen fühlende Seele mit dem Göttlichen vereinigen kann (unio mystica). Äußerlich musste J. v. Kreuz (im 16. Jahrhundert) Gefangenschaft und schlimme Folterungen erdulden, da seine Reformbemühungen um das damalige Ordensleben (zusammen mit Teresa v. Avila) von der katholischen Kirche verfolgt wurden.
Jack Kornfield, ein zeitgenössischer buddhistischer Lehrer der Vipassana Einsichts-Meditation und Psychologe drückt das so aus: "Alle (spirituellen, Anm. d. Verf.) Entwicklungsprozesse ... haben immer mit einem Loslassen unserer alten Identität und der Wiedergeburt in Form eines neuen Selbstgefühls zu tun." Er bezeichnet diesen Prozess als allumfassend: "er bezieht unser ganzes Sein mit ein. Nachdem wir unsere spirituelle Identität verlassen haben, führt uns die Meditation durch die völlige Auflösung unseres Selbstgefühls, durch eine so >tiefe Nacht< wie der Tod selbst" (S.186) Und später: "Dieser Prozess von Tod und Wiedergeburt kann sich in jedem denkbaren Zeitraum vollziehen" (S. 191).
C. Myss, eine amerikanische Journalistin und Lehrerin intuitiver Fähigkeiten schreibt. "Während dieser Verlassenheit zerbricht dein eigener Geist, und du erkennst, dass du dieser Hölle nur entrinnst, wenn du dich wieder Gott zuwendest und die Bedingungen des Göttlichen akzeptierst, gleichgültig, was der Himmel danach auch von dir fordern mag." (S. 365)
Die Beschreibungen lassen nur ahnen, was die jeweiligen AutorInnen in ihrer "dunklen Nacht" durchlebt haben: das Gemeinsame scheint ein zutiefst existentieller und mächtiger Prozess zu sein, der die Bereitschaft zu völligem Loslassen und der absoluten Hingabe an eine innere Führung erfordert. Ein Prozess, der sich in unseren Zeiten nicht nur hinter Klostermauern vollzieht, sondern auch im weltlichen Leben Menschen ergreift, die an viel weniger geschützten Orten und in weniger religiös ausgerichteten Lebenszusammenhängen damit zurechtkommen müssen.
Transformation und Krise
Wir leben in einer Zeit herausfordernder globaler Krisen. Krisen, die wie von verschiedenen Seiten postuliert wird, nur bewältigt werden können, wenn viele reife erwachsene Persönlichkeiten an ihrer Lösung mitarbeiten. Gemeint sind Menschen, die ein Bewusstsein für Zusammenhänge entwickelt haben, die über ein individuelles Sicherheits-, Gewinn- und Glücksstreben hinausgehen und aus einem Verständnis der Einheit und des Verbundenseins aller Dinge heraus handeln können. Zu einem solchen Bewusstsein gelangen Personen nur, wenn sie auch im Erwachsenendasein noch Entwicklung und Verwandlung (Transformation) zulassen können - eine Verwandlung, die von einer individuell empfundenen Identität zu einem über das Individuum hinausgehenden ("überindividuellen" nach R. Kegan) Selbst-Gefühl führt.
Eine solche Transformation (wörtl. Umformung) wird immer krisenhaft, meist auch leidvoll und schmerzhaft erlebt. Das Loslassen des alten Identitätsgefühls geschieht nicht freiwillig, es wird in der Regel durch tiefgreifende innere und äußere Veränderungen erzwungen. Es erzeugt jede Menge Ängste und Verunsicherungen und erfordert hingebungsvolles Vertrauen (vor allem in der Übergangszeit), dass die eigene Entwicklung wieder eine neue, tragfähige Form hervorbringen wird.
Robert Kegan (Professor in Harvard und Erforscher der Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters) führt genauer aus, wie sich das Selbst-Gefühl transformiert. In seinem Entwicklungsmodell ändert sich durch jeden qualitativen Entwicklungsschritt (Transformation) die Subjekt-Objekt-Beziehung in der Selbstwahrnehmung. Das heißt, was wir subjektiv als Ich empfinden und was wir als Nicht-Ich empfinden, ändert sich im Verlauf des menschlichen Lebens mehrmals, wobei eine Verschiebung von dem Subjekt (Ich) zugeordneten Wahrnehmungen zu dem Objekt (Nicht-Ich) zugerechneten Wahrnehmungen stattfindet. "Der Endpunkt der Entwicklung läge in der vollständigen Identifikation des Selbst mit der Welt. Es wäre im Grunde das Erkennen der Einheit des Universums - also etwas, wovon wir immer wieder in den östlichen und westlichen Weisheitslehren gehört haben". (Kegan in: WIE 8, S. 86)
Maria-Anne Gallen (11/2003)
Ausgewählte Literatur:
Bragdon, E.: Spirituelle Krisen. Wendepunkte im Leben. Freiburg, 1991.
Gallen, M.-A.: Warum klinisch ausgebildetet PsychotherapeutInnen viel Demut im Umgang mit spirituellen Krisen brauchen. In: Phönix 7/2002
Grof, C.& Grof, S.: Die stürmische Suche nach dem Selbst. München, 1991.
Grof, S.& Grof, C.: Spirituelle Krisen. Chancen der Selbstfindung. München, 1990.
Kegan, R.: Entwicklungsstufen des Selbst. München, 1994, 3.Aufl
Kornfield, J.: Frag den Buddha und geh den Weg des Herzens. München, 1995
Kornfield, J.: Das Tor des Erwachens. München, 2001.
v. Kreuz, J.: Die Dunkle Nacht. Freiburg, 1995, 3.Aufl.
Lukoff, D.: From Spiritual Emergency to Spiritual Problem: The Transpersonal Roots of the New DSM-IV Category. Journal of Humanistic Psychology, 38(2), 21-50, 1998
Myss, C.: Chakren - die sieben Zentren von Kraft und Heilung. München, 1997.
WIE-Was ist Erleuchtung 8: Bist du bereit, dich jetzt zu ändern? Zur Dynamik menschlicher Transformation, Frühjahr 2003
Ausgewählte Links:
www.senev.de/index.htm (SEN-Spiritual Emergence Network Deutschland)
www.senev.de/therap.htm (Therapeutenliste des SEN-Spiritual Emergence Network Deutschland)
www.heiligenfeld.de (Heiligenfeld Kliniken in Bad Kissingen)
www.internetguides.com/se/index.html (Spiritual Emergency Resource Center)