Wege der Ganzwerdung

Hiroshi Doi: Gendai Reiki Ho

Hiroshi Doi: Gendai Reiki Ho

Holistika Verlag, 192 Seiten, 19,90 Euro

In der letzten Ausgabe habe ich die deutsche Übersetzung des Buches „Iyashino Gendai Reiki Ho“ von Hiroshi Doi rezensiert. Dies ist ein Werk, das es schon viele Jahre in englischer und japanischer Sprache gibt, das aber erst kürzlich ins Deutsche übersetzt wurde. Mit Freude habe ich erfahren, dass es nun ein zweites, neueres Buch von Hiroshi Doi gibt, das kürzlich im Holistika Verlag ins Deutsche übersetzt wurde, mit dem Titel „Gendai Reiki Ho“.

Auch in unserer modernen und schnelllebigen Zeit ist es nicht selbstverständlich, dass Bücher aus Japan in andere Sprachen übersetzt werden. Durch den persönlichen Kontakt mit Herausgeber Oliver Drewes weiß ich, dass er sehr viel Herzblut in die deutschsprachige Veröffentlichung beider Bücher investiert hat. Bei diesem zweiten Buch ist nun die langjährige Schülerin von Hiroshi Doi, Hiroko Kasahara, die Übersetzerin. Hiroko ist den Reiki-Magazin-Lesern bekannt durch ihre gelungenen Übersetzungen der Gedichte des Meiji-Kaisers und ihre inspirierenden Kommentare dazu.

Vom Cover her sind die beiden Bücher „Iyashino Gendai Reiki Ho“ und „Gendai Reiki Ho“ aufeinander abgestimmt. Beide haben ein ansprechend schlichtes, schwarz-weiß gehaltenes, japanisch-kalligraphisches Cover. Dabei unterscheiden sie sich jedoch in den zusätzlich gewählten Farbakzenten. Während auf dem Buchumschlag von „Iyashino Gendai Reiki Ho“ die Farbe Grün zu finden ist, so ist es auf dem Umschlag von „Gendai Reiki Ho“ die Farbe Rot, hier bei der Überschrift und den roten Blüten des Kirschbaumastes. Sowohl der Titel als auch der Kirschbaumast sind glänzend gedruckt und leicht erhaben, was dem Buch eine sehr wertige Ausstrahlung verleiht.

Im Vorwort schreibt Herausgeber Oliver Drewes, dass er zunächst daran gedacht hatte, die Inhalte beider Bücher in einem Buch zusammenzufassen, um eventuelle Überschneidungen herauszufiltern. Dies sei aber letztlich, aufgrund der Rechte der englischsprachigen Ausgabe und dem Wunsch Hiroshi Dois und William Lee Rands einer Eins-zu-eins-Übersetzung beider Bücher, nicht möglich gewesen.

Das Buch „Gendai Reiki Ho“ ist in drei große Abschnitte unterteilt. Davor, zu Beginn des Buches, findet sich ein Geleitwort des Verlegers und ein Grußwort des Autors, eine Übersicht über „Die Lehre der Usui Reiki Ryoho“ und ein Text über „Die Essenz des Reiki – sein wahrer Geist“. Am Ende des Buches stehen Nachworte des Autors Hiroshi Doi, der Übersetzerin Hiroko Kasahara sowie ein Reiki-Glossar, das relevante Begriffe erläutert und ein Stichwortverzeichnis zur leichteren Auffindbarkeit von Themen. Die drei großen Abschnitte des Buches sind wiederum in insgesamt sechs Kapitel unterteilt.

Im ersten Teil des Buches mit dem Titel „Die Geschichte der Usui Reiki Ryoho“ kommt jeder Reiki-Geschichtsinteressierte auf seine Kosten. Hier geht es zunächst um die Entstehung von Usui Reiki Ryoho und auch um die Nachfolge in Japan, im Weiteren dann um den Weg, den Usui Reiki Ryoho von Japan aus in die Welt nahm.

Manche der geschichtlichen Informationen sind u.a. durch die Bücher von Frank Arjava Petter, Tadao Yamaguchi und Masaki Nishina bereits bekannt. Trotzdem findet sich immer wieder die eine oder andere bislang so noch nicht veröffentlichte Information. Das Familienwappen der Familie Usui beispielsweise habe ich bislang noch in keiner anderen Veröffentlichung gesehen, ebensowenig die detaillierte Auflistung des familiären Stammbaums von Usui.

Interessant finde ich auch die Aussage, dass Hayashi von Usui den Auftrag bekommen haben soll, über Reiki zu forschen und diese Ergebnisse in der Folge dann der von Usui gegründeten Gesellschaft Usui Reiki Ryoho Gakkai zu übermitteln.

Bei seinen Behandlungen soll Hayashi auch das Konzept der Meridiane und Chakren als bedeutsam eingestuft haben und überdies mit Kristallen bei der Behandlung experimentiert haben. Diesen kurzen Hinweis finde ich spannend, nehmen doch heute viele Reiki-Praktizierende bei Reiki-Behandlungen gerne Kristalle bzw. Edelsteine hinzu oder arbeiten mit den Chakren. Bisher wurde häufig angemerkt, dass Usui ja Japaner war und mit dem Konzept der Chakren wahrscheinlich nicht vertraut war. Was nun Hayashi angeht, so waren mir diese Informationen bislang nicht bekannt.

Leider merke ich schon hier, im ersten Teil des Buches, dass mir definitiv die Quellenangaben fehlen. Woher kommen die oben gemachten Aussagen? Wer hat sie getätigt oder wo steht es geschrieben? Sofern keine Quelle genannt wird, haben derartige Informationen im Grunde genommen erst einmal nur den Wert von „Hörensagen“ bzw. Behauptungen.

Ebenso wird im Buch behauptet, dass Hayashi mehrmals auf Hawaii bei Hawayo Takata gewesen sein soll. Dies erscheint bei genauerer Betrachtung doch etwas unwahrscheinlich, nicht zuletzt aufgrund des großen zeitlichen und persönlichen Aufwands, der hierfür seitens Hayashi nötig gewesen wäre sowie der schwierigen Lage zwischen Amerika und Japan in dieser Zeit.

Darüber hinaus zitiert Hiroshi Doi immer wieder Aussagen, die Mikao Usui gemacht haben soll, jeodch stets, ohne eine Quelle dafür zu nennen. Wir wissen ja, dass es insgesamt wohl recht wenige Aufzeichnungen von Usui persönlich gibt. Sollten als Quelle für diese Informationen Aussagen von Mitgliedern der Usui Reiki Ryoho Gakkai zugrunde liegen, hätte zumindest darauf hingewiesen werden können. Es hätte Angaben dazu geben können, von welchen Personen und zu welcher Zeit der Autor die entsprechenden Informationen erhalten hat. Auf derartige Hinweise wird jedoch komplett verzichtet bzw. an einer zentralen Stelle diffus davon gesprochen, dass es sich um Informationen handele, die „in Japan ermittelt wurden“.

Im zweiten Teil des Buches stellt Doi die Frage „Was ist die traditionelle Usui Reiki Ryoho?“. Dabei widmet er sich der Philosophie, den Techniken und dem Ursprung des Usui-Reiki. Wie laufen Übungstreffen ab? Was war und ist das Ziel von Usui Reiki Ryoho? Wie wurde darin ausgebildet? Dies sind die zentralen Themen in diesem Teil des Buches. Da wir gerade hier in Deutschland ja sehr bestrebt sind, Reiki als Methode innerhalb des Gesundheitssystems zu etablieren, finde ich es wichtig, wenn wir darüber die spirituellen Inhalte des Reiki nicht vergessen. Insofern können die Inhalte aus dem zweiten Teil des Buches hier wichtige Impulse für uns geben.

Auf S. 83 wird erläutert, wie man Klienten am besten behandelt. Nach der Kopfbehandlung werden drei Schritte durchgeführt, diese sind: 1. Byosen aufspüren, 2. Handauflegen und 3. das Bewusstsein erhöhen. Reines Handauflegen sei effektiv, für eine Entwicklung bräuchte es aber mehr. Dieses „Mehr“ ist die Erhöhung des Bewusstseins, die dabei hilft, nicht mehr mit disharmonischen Schwingungen zu resonieren und immer mehr zu innerem Frieden zu gelangen. Dies sei das eigentliche Ziel von Reiki.

Hiroshi Doi: Gendai Reiki HoIm weiteren gibt es Kapitel, die sich mit der „Wahrheit über Mikao Usui“ und auch der „Wahrheit über die Reiki Symbole“, beschäftigen. Es ist ein hehrer Anspruch Dois, die „Wahrheit“ über Reiki verbreiten zu wollen, dem er zugleich selbst kaum gerecht wird, durch die teils ungenauen Formulierungen wie „Es wurde gesagt …“ und die fehlenden Quellenangaben. Meines Erachtens ist hier die Formulierung „die Wahrheit“ nicht gut gewählt; wissen wir doch, dass es – gerade im spirituellen Zusammenhang – DIE Wahrheit letztlich gar nicht gibt. Außerdem wirkt es auf mich auch immer etwas anmaßend, wenn jemand „die Wahrheit“ für sich „pachten“ möchte – dadurch werden alle Publikationen und Bemühungen Anderer, die Ursprünge der Reiki-Methode herauszufinden, minimiert. Gelingt es einem jedoch, hierüber hinwegzulesen bzw. dies im Hinterkopf zu behalten, kann man hier durchaus hilfreiche Informationen für sich herausfiltern.

Mir ist nicht bekannt, inwieweit Doi vom Wissenstand der „westlichen“ Reiki-Lehrer bzw. Publikationen Kenntnis hat – allerdings empfinde ich das Kapitel „Falsche Überlieferung und ihre Korrektur“ als Aufbrühen kalten Kaffees. Wir wissen jetzt schon seit so vielen Jahren, dass Usui kein christlicher Mönch war und dass Reiki nicht aus Tibet kommt. Ich denke, diesen Abschnitt des Buches hätte man auch etwas anders aufbereiten können.

Im dritten Teil des Buches geht es schließlich um den vom Autor begründeten Reiki-Stil Gendai Reiki ho. Ziel von Gendai Reiki Ho sei es, friedvoll zu leben und Anshin Ritsumei (mit ruhigem Geist/Herz leben) zu erlangen.

Hier schreibt Doi: „Es gibt immer mehr Reiki-Schulen, die von der Methode, die sie bis dahin gelehrt hatten, zur Gendai Reiki Ho gewechselt sind.“ (S. 113) Ich denke, diese Formulierung ist unglücklich gewählt, wenn nicht gar anmaßend, solange sie nicht mit Fakten belegt wird. Da Doi, wie selbst geschrieben, kein Registriersystem hat, das jeden Gendai Reiki Ho-Schüler erfasst, kann er also hier nur von seinem subjektivem Empfinden sprechen. „Dies zeigt, dass diejenigen, die das Westliche Reiki erlernt haben, das in der Gendai Reiki Ho finden, was sie immer suchten oder was dem nahekommt.“ (S. 113) ist eine genauso unakkurate Aussage. Dies mag vielleicht für Schüler gelten, die zu ihm kommen, aber weiß er, ob diese hinterher auch Gendai Reiki Ho weiter praktizieren? Außerdem ist die Formulierung „westliche Reiki“ diffus und letztlich nichtssagend.

Ein weiteres dann wieder sehr gelungenes Kapitel behandelt die Techniken im Gendai Reiki Ho, die hier leicht verständlich vorgestellt werden, so dass jeder sie für sich und seine Reiki-Praxis ausprobieren kann.

Mein Fazit zu dem Buch Gendai Reiki Ho ist, dass es insgesamt sehr schön aufgemacht ist. Meine Erwartungen waren aufgrund des ersten Buches „Iyashino Gendai Reiki Ho“ allerdings etwas höher. Dem ist dieses Buch nicht gerecht geworden. Beim Lesen schwankte ich innerlich immer wieder hin und her zwischen „Oh, wie interessant, schön!“ und „Oh nein, wieso das?“. Gerade auch die fehlenden Quellenangaben und diffuse Formulierungen wie „der Westen“ oder „Es wurde gesagt …“ lassen mich den Wert von manchen enthaltenen Informationen in Frage stellen. Weiterhin stört mich die immer wieder anklingende Kritik an Takata, an der Form des Reiki, wie es sich über Amerika und Europa weltweit verbreitet hat, wobei der Autor nicht einmal vor der Frage zurückschreckt, ob dieses Reiki überhaupt noch als „Reiki nach Usui“ bezeichnet werden dürfe.

Nichtsdestotrotz beinhaltet das Buch darüber hinaus viele hilfreiche Hinweise und Ansichten, die für jeden Reiki-Praktizierenden, egal welchen Stils, von Bedeutung sein können. Gerade auch die Informationen, die noch nicht in anderen Publikationen aufbereitet wurden, sind kleine Perlen, für die sich der Kauf des Buches letzlich lohnt.

Einschätzung der Redaktion: Inspirierend, teils zwiespältig!

Hier bei Amazon: GENDAI REIKI HÔ: Reiki im Geiste Mikao Usuis und die Wahrheit über das traditionelle Reiki

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  • Veröffentlicht in: Bücher am 2. Oktober 2018
Janina Koeck

Veröffentlicht von

Janina Köck ist seit 1996 in Reiki eingeweiht und lehrt seit 2001 Reiki im Usui System. Sie ist freie Reiki-Lehrerin, in Shoden und Okuden in Jikiden Reiki eingeweiht und Karuna Reiki (R) Lehrerin. Sie schreibt die Buchrezensionen fürs Reiki-Magazin seit 2008 und ist von Beginn an Mitorganisatorin der Reiki-Convention, hat 2010 und 2011 das Reiki-Festival mitorganisiert und ist Gründungsmitglied von ProReiki. Janina lehrt Reiki in ihrer Praxis Leben in Einklang in Köln und sie steht für eine geerdete, tiefe und humorvolle Spiritualität. Offenheit für Neues aber auch eine große Liebe zu den Ursprünge des Reiki findet man bei ihr.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Frau Köck,

    danke für die Rezension, dies wird mein nächstes Reiki-Buch 🙂

    Eine Anmerkung, Sie schreiben:
    “Ebenso wird im Buch behauptet, dass Hayashi mehrmals auf Hawaii bei Hawayo Takata gewesen sein soll. Dies erscheint bei genauerer Betrachtung doch etwas unwahrscheinlich, nicht zuletzt aufgrund des großen zeitlichen und persönlichen Aufwands, der hierfür seitens Hayashi nötig gewesen wäre sowie der schwierigen Lage zwischen Amerika und Japan in dieser Zeit.”

    Es gibt eine sehr interessante Seite auf der der Jikiden-Lehrer Nishina Masaki akribisch die Reisedaten und von Frau Takata sowie von Dr. Hayashi in Archiven (z.b. von Mikrofilm) recherchiert hat.
    Es ist belegt, dass Dr. Hayashi (nur) einmal auf Hawaii war und zwar vom 2. Oktober 1937 bis zum 22. Februar 1938 zusammen mit seiner Tochter. Dort hat er in Honolulu Reikiseminare sowie Vorträge gehalten.
    Genaueres hier (insb. im unteren Teil):
    http://jikiden-reiki-nishina.com/hawaii/

    Viele Grüße!
    B. Seedorf

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